Presseerklärung der "Swiss Internet User Group" SIUG

Diese Presseerklärung ist online unter der Adresse http://www.siug.ch/presse/Presse.20010601.html verfügbar

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Internet User wollen Klarheit über Internet-Sperren bei Schweizer Providern - Umfrage lanciert

1. Juni 2001

Die Sperrung von Inhalten im Internet hat gravierende Seiteneffekte

Im Februar wurde bekannt, dass Schweizer Internet Service Provider (ISP) einzelne ausländische Webseiten heimlich sperren [1]. Die Swiss Internet User Group (SIUG) möchte Klarheit darüber, welche Seiten und Internet-Dienste aus welchen Gründen gesperrt werden und lanciert deshalb eine Umfrage bei den ISP der Schweiz. Schweizer Internetbenutzer werden dazu aufgerufen, ihre ISP mittels eines Fragebogens Stellung nehmen zu lassen zur Art und zum Ausmass von allfällig eingesetzten Internet-Sperrmechanismen. Die SIUG stellt auf ihrer Homepage einen Musterbrief zur Verfügung [2]. Ziel der Aktion ist es, einen Überblick zu erhalten über das Ausmass von Internet-Sperren in der Schweiz.

Teilweise weitreichende, undurchschaubare Sperren

Bei einzelnen Schweizer ISPs werden ganze Internet Adressbereiche (IP-Nummern) gesperrt [3]. Dabei werden nicht nur einzelne Seiten, sondern ganze Server von der Schweiz aus unerreichbar gemacht (Server mit einer IP-Nummer können viele Domains mit sehr vielen unterschiedlichen Seiten anbieten). Die Folge sind technische Fehlermeldungen beim Versuch, Web-Seiten von diesen Computern abzurufen oder E-Mail mit diese Server benutzenden Personen auszutauschen. Diese Art von Sperren werden sonst nur in Ländern mit starken Zensurregimes wie beispielsweise China, Vietnam oder Iran durchgeführt [4]. Die anhaltende Unklarheit über die genaue technische Art der Sperren, die Verantwortung über Entscheide zur Inkraftsetzung und Aufhebung von Sperrungen sowie die gesperrten Internet- und Web-bereiche ist für einen vernünftigen Gebrauch des Internets und eine moderne demokratische Gesellschaft unhaltbar. Die SIUG will deshalb mit ihrer Umfrage Klarheit über die aktuelle Situation in der Schweiz schaffen.

Rechtliche Situation noch nicht geklärt

Ob Schweizer Internetprovider in ihren Systemen Sperren von einzelnen im Ausland gespeicherten Web-Seiten vornehmen müssen, ist rechtlich noch unklar. Ein Positionspapier [5] der damaligen Bundespolizei vom April 2000 sowie ein zugehöriges Gutachten [6] des Bundesamtes für Justiz vom Dezember 1999 kamen zum Schluss, dass ein ISP für die durch ihn transportierten Inhalte unter gewissen, weit gefassten Bedingungen verantwortlich sei. Eine Studie des Verbands Inside Telecom [7], durchgeführt durch die Strafrechtsprofessoren Niggli, Ricklin und Stratenwerth, kam hingegen zum Schluss, dass die aktuellen Rechtsgrundlagen völlig unbestimmt sind und dringend eine gesetzliche Regelung zur Klarstellung nötig ist. Eine Motion von Ständerat Thomas Pfisterer vom Dezember 2000 [8] will rechtliche Klarheit schaffen und im Gesetz festhalten, dass die Internetprovider nicht für die Daten verantwortlich sind, die durch ihre Netze transportiert, aber nicht von ihnen selbst angeboten werden. Die SIUG begrüsst diese Motion, da die Provider so von einem nicht durchführbaren und kaum zu bezahlenden Kontrollaufwand entlastet werden. Zudem wird so die Situation derjenigen der Post angeglichen: Diese ist ebenfalls nicht für den Inhalt von Postsendungen verantwortlich, die sie transportiert. Ein Unterschied besteht natürlich zu Seiten, die in der Schweiz selbst angeboten werden: Dort ist die rechtliche Situation klar und im Falle von illegalen Inhalten kann auf die Urheber zurückgegriffen werden.

Musterbrief zum Download bereit

Der Musterbrief, der von den Internetbenutzern an ihre Provider geschickt werden soll, ist unter der folgenden Adresse abrufbar: http://www.siug.ch/aktionen/sperren2001/ProvSperrBrief.pdf Antworten der ISP sollten bitte an die untenstehende Adresse der SIUG geschickt werden. Die SIUG wird eine Auswertung der eingesandten Antworten vornehmen.

Referenzen, Hinweise, weitere Informationen und Links:

Referenzen

  1. Tages Anzeiger vom 17.2.2001:
    Hunderte Nazi-Homepages verbannt
    http://tagesanzeiger.ch/ta/taZeitungRubrikArtikel?ArtId=71386&ausgabe=1240
  2. http://www.siug.ch/aktionen/sperren2001/ProvSperrBrief.txt
    http://www.siug.ch/aktionen/sperren2001/ProvSperrBrief.pdf
  3. Siehe Pressemitteilung der SIUG vom 18. Februar 2001
    http://www.siug.ch/presse/Presse.20010218.html
  4. Reporters sans frontieres / Reports without borders, "Enemies of the Internet":
    http://www.rsf.fr/uk/homennemis.html
  5. Positionspapier der damaligen Bundespolizei, "Die strafrechtliche Verantwortung von Internet Service Providern":
    http://www.admin.ch/bap/d/archiv/berichte/weitere/2000-05-15-d-internet-isp.pdf
  6. Gutachten des Bundesamtes für Justiz, "Gutachten zur Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Internet-Acces-Providern gemäss Art. 27 und 322bis StGB"
    http://www.ofj.admin.ch/themen/ri-ir/access/ga-acc-prov.pdf
  7. Verband Inside Telecom
    http://www.vit.ch/
    Gutachten:
    http://www.vit.ch/presse.html#ISPs
    http://www.vit.ch/gutachten_isp.pdf
  8. Motion Pfisterer:
    00.3714 vom 14. Dezember 2000
    "Netzwerkkriminalität. Änderung der rechtlichen Bestimmungen"
    http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2000/d%5Fgesch%5F20003714.htm

Kontaktperson: Felix Rauch, Tel. 01 632 74 89 / 078 791 46 00

Weitere Informationen zur Swiss Internet User Group (SIUG)

Homepage: http://www.siug.ch/
Zweckartikel: http://www.siug.ch/about/

Positionen der SIUG zu verschiedenen Themengebieten rund um das Internet:
http://www.siug.ch/positionen/

Die SIUG bietet auch Mailinglisten für Ankündigen und Diskussionen rund um die oben erwähnten Themen an. Einschreibemöglichkeiten sind auf der Homepage erklärt.

Zur rechtlichen Unterstützung der Interessen der Internet-Benutzer in der Schweiz hat die SIUG kürzlich einen Fonds geschaffen. Spenden werden gerne entgegengenommen auf das untenstehende Postkonto mit dem Vermerk "Fonds".

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