Pressemitteilung der Swiss Internet User Group (SIUG)

Internet-Nutzer verurteilen "SPAM"

Internet, 16. Mai 2001

"Spam", unverlangt zugesendete Werbung per Mail, ist ein tägliches Aergernis für viele Internet-Nutzer. Allein in Europa entsteht dadurch nach einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie ein Schaden von 10 Mrd. Euro. Seit ihrer Gründung 1999 wendet sich die "Swiss Internet User Group" (SIUG) gegen "Spam". Neben technischen und juristischen Interventionen sind inzwischen auch politische Massnahmen gegen unverlangt zugesandte Werbemails in Vorbereitung (Motion Nationalrätin Simonetta Sommaruga vom 23. Juni 2000 [1]).

Entlarvende Methoden

Mitglieder der Vereine trash.net und SwordLord haben nun erstmalig die Methoden des Datensammelns zum Zweck des Versendens ungewollter Werbung per Mail untersucht und ihre Ergebnisse im Internet publiziert [2]. Es wurde festgestellt, dass die Mailadressen auf einer CD-ROM aus verschiedensten Quellen ohne Einwilligung der Adressinhaber zusammenkopiert wurden.

Offensichtlich wurden die Daten durch Suchprogramme von Webseiten, Gästebüchern etc. herausgefiltert sowie aus der Datenbank der Registrierstelle fuer Schweizer Domainnamen (Switch) extrahiert und mit Daten aus dem elektronischen Teilnehmerverzeichnis der Swisscom ergänzt.

Dadurch lassen sich sogenannte "Persönlichkeitsprofile" erstellen.

Obwohl Einträge auf der CD-ROM behaupten, die Inhaber der jeweiligen Mailadressen haetten einer Veröffentlichung zugestimmt (sog. "opt-in"), sind der SIUG mehrere registrierte Personen bekannt, die nachweislich keine Einwilligung erteilt haben.

Gerichtsverfahren gegen Veröffentlichung angestrebt

Der Vertreiber der untersuchten Datensammlung "Black Book 2000" geht mit fadenscheinigen Argumenten gegen die öffentliche Analyse seiner fragwürdigen Methoden der Datensammlung vor. Eine superprovisorische Verfügung des Datensammlers, Fausto G. Farinoli, gegen die Veröffentlichung wurde vom Zürcher Bezirksgericht am 7. Mai 2001 zwar deutlich abgelehnt. Dennoch wurde Roman Racine von Farinoli verklagt. Eine erste Verhandlung findet am Donnerstag, 17. Mai 2001 vor dem Bezirksgericht Zürich statt.

Die SIUG wird die Verhandlung mit Interesse verfolgen und hofft, dass aufdeckende Analysen von dunklen Machenschaften auch in Zukunft veröffentlich werden dürfen.

Diskussionsbedarf über unzulässige Werbemethoden

Die SIUG sieht einen dringenden Bedarf für eine öffentliche Diskussion über die Unzulässigkeit solcher Datensammlungen. Sie unterstützt daher nachdrücklich die von Farinoli juristisch unter Druck gesetzten Angeschuldigten.

Mit der Analyse der Datensammlung "Black Book 2000" setzen sich diese dafür ein, Licht in die Machenschaften der Datensammler und ihrer Geschäftsmethoden zu bringen.

Die SIUG unterstützt diese Zivilcourage und verurteilt den Versuch von Herrn Farinoli, die für ihn zwar unbequeme, in der Summe aber plausibel erscheinende Analyse zu unterdrücken.

Datenschutzrechtliche Vergehen wahrscheinlich

Mailadressen sind nach Aussage des eidg. Datenschutzbeauftragten [4] persönliche Daten. Das gilt umso mehr auch für das "Black Book 2000", da dort Mailadressen mit persoenlichen Angaben aus weiteren elektronisch verfügbaren Quellen ergänzt worden.

Es ist deshalb zu vermuten, dass diese Datensammlung die Bestimmungen des eidg. Datenschutzgesetzes verletzt (insb. die Art 4 Abs 2, Art 6 Abs 2, Art 8 und Art 11 Abs 3). Daran ändert auch die bei der Analyse festgestellte schlechte Qualität der Daten nichts.

Kommerzialisierung und Datenschutz im Internet

Die SIUG beobachtet mit Sorge eine zunehmende Kommerzialisierung verschiedenster Dienste im Internet, die oft mit eklatanten Verletzungen elementarer Datenschutzbestimmungen einher gehen. Der Fall "Black Book 2000" zeigt auf, mit welchen Schnüffelmethoden in manchen Bereichen gearbeitet wird - mit ein Grund für SIUG, auch in diesem Jahr die Preisverleihung von fünf "Big Brother Awards"[3] mitzuorganisieren und sich für einen verantwortungsbewussten Umgang mit persönlichen Daten und Ueberwachung einzusetzen.

Die öffentliche Verhandlung findet am Donnerstag, 17. Mai 2001, 14:00 Uhr beim Bezirksgericht Zürich, Wenigstrasse 30 bei der Tramhaltestelle Bezirksgebäude im 2. Stock statt.

Referenzen, Hinweise, weitere Informationen und Links:

Weitere Informationen zur Swiss Internet User Group (SIUG):

Die SIUG ist ein Verein, bestehend aus InternetbenutzerInnen, ZugangsanbieterInnen und InhaltsgestalterInnen, der sich fuer einen verantwortungsvollen und konstruktiven Umgang mit dem neuen Medium Internet einsetzt.

Adresse:

SIUG
Postfach 1908
8021 Zuerich

E-Mail: info@siug.ch

Homepage: http://www.siug.ch/

Kontaktperson: Matthias Leisi: 079 356 39 33, matthias@astrum.ch

Links:

Motion Sommaruga:
[1] http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2000/d_gesch_20003393.htm
"Black Book 2000", Analyse und Dokumentation:
[2] http://bbook.trash.net/
"Big Brother Awards Schweiz", zum zweiten Mal am 26. Oktober 2001 in der Roten Fabrik, Zürich:
[3] http://www.bigbrotherawards.ch/
"Inter net: Neues Medium, neues Recht. Bericht einer interparlamentalen Arbeitsgruppe zu strafrechtlichen und urheberrechtlichen Fragen rund um Internet" (insb. Anhang 1, Seite 2, Stellungnahme des eidg. Datenschutzbeauftragten):
[4] http://www.ofj.admin.ch/themen/ri-ir/internet/rf-internet-d.pdf
Positionspapier der SIUG gegen Spam:
http://www.siug.ch/positionen/SIUG-Spam.shtml