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Antworten der EVP auf die Fragen der SIUG

Eingegangen per Mail am 20.3.2000

  1. Welche Chancen und Gefahren sehen Sie für die Zukunft der Demokratie und der Gesellschaft durch die Nutzung des Internets?

    Das Internet ist eine grosse Chance für die Meinungsäusserungsfreiheit und damit die freie Gesellschaft. Gefahren liegen in den Missbräuchen, z.B. durch die Verbreitung illegaler Inhalte wie Rassismus, Pornographie, Unlauterer Wettbewerb usw.

  2. Soll die Nutzung und die Entwicklung neuer Technologien gefördert werden? Falls ja, wie könnte eine derartige Förderung aussehen?

    Im Interesse des Wirtschaftsstandortes Schweiz ist eine Förderung nützlich. In der Praxis läuft diese Förderung bereits durch das Einführung ins Internet schon in der Primarschule, die Anerkennung neuer Berufe usw.

  3. Sehen Sie Bedarf für gesetzliche Anpassungen, die das Internet betreffen? Falls ja, in welchen Bereichen?

    Es muss verhindert werden, dass das Internet dem neuen in Vorbereitung befindlichen Radio- und Fernseh-Gesetz RTVG unterstellt werden soll. Durch den technologischen Fortschritt (Web-TV u.a.) ist kaum mehr abgrenzbar, was ein Programm ist und was nicht. Die Forderung, Website-Anbieter müssten konzessioniert werden oder beim Bund (Bundesamt für Kommunkation BAKOM) eine Bewilligung einholen, ist absurd und wir würden uns weltweit zum Gespött machen. Konzessionen würden dann vor allem an kaufkräftige Kreise vergeben, welche durch Werbung die Investitionen wieder hereinzuholen suchen. Vor allem solche Veranstalter würden durch den wirtschaftlichen Druck tendenziell auf Kriegsfuss stehen gegenüber dem hehren "Service public", den zu verteidigen das RTVG vorgibt.

    Bezüglich Werbe- und Massen-Emails gibt es einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, siehe Antwort unter 4.

  4. Sehen Sie einen Handlungsbedarf bezüglich unverlangter Werbe-Emails (UCE, "Spam", "Junk-Mail")? Falls ja, welchen? Falls nein, wieso nicht?

    Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241) sollte das Verbot von unverlangter Fax-Werbung und unverlangter Werbe-Email-Post aufnehmen. Die Empfänger und Durchleiter haben durch solche Sendungen Kosten zu tragen, welche in ihrer gesamthaften Grösse als Schädigung der Volkswirtschaft betrachtet werden müssen. Beim Verbot solcher Sendungen sollen auch Ausnahmen möglich sein, zum Beispiel dann, wenn eine Zusendung im Rahmen einer schon bestehenden Geschäftsverbindung besteht oder ein Interesse ausdrücklich angemeldet wurde durch das Eintragen der Fax-Nr. bzw. E-Mail-Adresse in eine Datenbank, bei der der Eintragende jederzeit eine Löschung durchführen kann. Das Verbot von Werbe-Mails soll gelten für alle Mail-Server mit der schweizerischen Domain-Endung .ch. Schweizer Firmen auf .com- oder .org-Servern könnten also weiterhin betroffen sein, aber dies ist nicht Aufgabe der Schweiz zu regeln.

  5. Soll die Benutzung von Kryptographie (Verschlüsselung) eingeschränkt oder gefördert werden? Wie und aus welchen Gründen?

    Nach dem gegenwärtigen Stand sollte die Regelung der Kryptographie allein dem privaten Vertragsrecht überlassen werden. Eine gesetzgeberische Lösung drängt sich nicht auf.

  6. Welche Meinung vertreten Sie zu staatlichen Abhörmassnahmen auf elektronischen Netzwerken? Welche Konsequenzen haben solche Abhörmassnahmen für die Privatsphäre und für Wirtschaftsgeheimnisse?

    Die Abhörung ist bereits gesetzlich geregelt. Sie gilt analog auch für das Lesen von E-Mails.

    1. Soll der Zugang zu im Ausland gespeicherten und in der Schweiz illegalen Inhalten unterbunden werden? Falls ja, wie und durch wenn?

      Dies ist Aufgabe der Zugangsprovider, dass sie den Zugang zu in der Schweiz illegalen Inhalten sperrt, sobald sie davon Kenntnis erhält. Nicht zumutbar ist, dass die Zugangsprovider selber nach illegalen Inhalten forscht. Es ist nicht notwendig, diese Aufgabe der Zugangsprovider gesetzgeberisch expressis verbis zu verankern.

    2. Wer trägt die Verantwortung für den Zugriff auf diese illegalen Inhalte? (Betrachter, Datentransporteur, potentiell im Ausland ansässiger Anbieter)

      Grundsätzlich betrachtet ist der Anbieter der Hauptverantwortliche. Dem Web Hoster ist zuzumuten, dass er illegale Inhalte von seinen Servern verbannt und dass er periodisch die Seiten seiner Kundschaft anschaut. Soweit die Vorbereitung zu kriminellen Akten illegal ist und dies aufgrund der konkreten Umstände das Betrachten von bestimmten Internet-Seiten miteinschliesst, hat der Betrachter eine Verantwortung. Wer zufällig auf eine illegale Website stösst, kann nichts dafür und ist auch nicht zu belangen. Das Betrachten einer illegalen Website ist nicht illegal. Liegt eine illegale Information physikalisch auf einem Schweizer Server und der Webmaster bzw. der Web Hoster verweigert die Wegnahme der Information, ist er strafrechtlich wegen Verbreitung rassistischer Inhalte oder was dann allenfalls zutrifft bzw. wegen Zugänglichmachung zu belangen. Im Ausland befindliche Webmaster und Web Hoster sind in der Schweiz strafrechtlich nicht zu verfolgen. Eine Ausnahme befindet sich da, wo das Gesetz die Strafverfolgung für extraterritoriale Taten von Schweizer Bürgern verlangt, zum Beispiel wenn ein Schweizer auf einem Server in Thailand Informationen über Sex mit Minderjährigen verbreitet.

    3. Wie könnte ein Jugendschutz im Internet gewährleistet werden?

      Der Jugendschutz sollte vor allem bei Eltern und Schulen liegen, wie sie der Jugend die Benutzung einer Internet-Infrastraktur ermöglicht. Eine technische Mithilfe liegt in spezieller Software, welche beim Surfen durch entsprechendes Einloggen den Zugriff zu jugendgefährdenden Websites automatisch verweigert. Ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht zur Zeit nicht. Ein hundertprozentiger Jugendschutz ist nicht möglich.

  7. Weitere Kommentare

    Für das Erstellen eines Internet-Spezialgesetzes gibt es keine Begründung, da die bestehenden Gesetze mit Ausnahme bei der Frage unverlangter Werbesendungen genügen.

    Bei der Frage rund um die Verlinkungsfreiheit ist einem Webmaster zuzumuten, dass er mit Links auf andere Linklisten nicht den Zugang zu illegalen Inhalten erleichtert. Es ist zumutbar, dass der Webmaster schaut und später wiederholt prüft, ob die Website, zu der sein eigener Link führt, nicht ihrerseits direkt zu illegalen Inhalten führt. Führt die Website, zu der sein eigener Link führt, nicht unmittelbar sondern durch das Anklicken von Links auf andere Websites, die ihrerseits zu illegalen Inhalten führen, ist er dafür nicht verantwortlich zu machen. Dies auf Gesetzesstufe zu verankern, scheint aber unnötig. Es ist aber zu hoffen, dass sich die Rechtssprechung in diese Richtung entwickelt. Eine hundertkommanullnullprozentige Linkfreiheit ist abzulehnen. Sollte die Rechtssprechung sich nicht in diese Richtung entwickeln, müsste später überlegt werden, ob die Verantwortung eines Linkanbieters bis zur 2. Linkstufe nicht als Präzisierung im Strafrecht aufgenommen werden und wenn nicht auf Gesetzes-, so wenigstens auf Verordnungsstufe angeregt werden müsste.

    Suchmaschinen-Anbieter sollen davon aber nicht betroffen sein, ist es dort doch der Suchende, der ein Suchwort aktiv eingibt und damit einen viel grösseren Teil der Verantwortung selber trägt als jemand, der auf einer Linkliste auf einen Link clickt. Einem Suchmaschinen-Anbieter ist jedoch zuzumuten, dass er auf die Indexierung einer Website, von der er weiss, dass sie in der Schweiz illegale Inhalte anbietet, verzichtet.

Daniel Reuter, Generalsekretär EVP-CH
Rolf Strasser, Sachbearbeitung


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Zuletzt aktualisiert: Sunday, 01.04.2001 14:37